Dienstag, 22. Februar 2011

Zwischendurch

Ich stelle fast verwundert fest, dass ich zwei Wochen lang nicht geschrieben habe. Übermäßig groß scheint mein Mitteilungsbedürfnis also nicht zu sein. Aber ich habe gerade auch zwei Zeitungsartikel zu schreiben, und da ich bei einem davon das Thema frei wählen darf, will ich gleich eine Quadratur des Kreises, das heißt, alles abhandeln, weil es vermutlich nicht mehr allzu viele Artikel aus meiner Feder geben wird. Aber solche Freiheiten darf man mir halt nicht geben, ich kann damit offenbar nicht umgehen.

Spaß beiseite.

Mir geht es momentan ganz gut, ich bin fit, das heißt: chemofähig. Habe letzte Woche die dritte Gabe Gemzar bekommen und sie auch wohl besser vertragen als die beiden davor. Morgen ist „Blut“, und wenn es in Ordnung ist, dann Donnerstag die vierte Gabe. Ich freue mich. Und das soll nicht makaber klingen, sondern ich tue es wirklich. Das Mittel scheint ja ein wenig zu helfen. Die Leberwerte sind zwar dadurch in die Höhe geschossen, aber laut meinem Arzt noch nicht wirklich beunruhigend. Ein wenig paradox ist das Ganze schon: Es werden Lebermetastasen bekämpft - mit Mitteln, die die Leber beschädigen. Hoffentlich beschädigen sie nebenbei auch die Metastasen.

Gerade ist sogar die Sonne raus gekommen. Ach, ist das schön. Keine Zeit mehr zu schreiben.

Dienstag, 8. Februar 2011

Mein erstes Morphium (Vorsicht - ellenlanger und schlechter Beitrag)

Einmal habe ich fünf Tage lang mit unerträglichen Bauchschmerzen im Bett vor mich hingelitten, bis ich, geschickterweise am Wochenende, zu der schlauen Einsicht kam, dass ich vielleicht doch zum Arzt sollte. Nicht weil ich was Ernstes hätte haben können (ganz blöd bin ich ja auch nicht: Bevor ich krepiere, kontaktiere ich schon den Arzt). Nein, ich hatte gleich das Gefühl, dass es nichts Konkretes ist, weil nicht wirklich lokalisierbar, sondern eventuell sogar psychosomatisch, sprich: eingebildet. Meine Lebermetastasen waren dank Herceptin erst mal verschwunden, außerdem machen die, zumal am Anfang, nicht solche Schmerzen. (Leider bekam ich dieses Mittel nicht schon zwei Jahre früher, obwohl die Studienergebnisse dafür sprachen, dass es Metastasen verhindern kann. Eine adjuvante Behandlung mit Herceptin haben erst Gerichtsprozesse von tapferen Brustkrebspatienten durchgesetzt. Für mich kam die Entscheidung zu spät, obwohl ich von Anfang an dafür prädestiniert gewesen wäre.)
Nur ist auch der psychosomatische Schmerz selber immer real, nur seine Ursachen nicht, und dieser Schmerz ließ sich nicht mit meinen Schmerzmitteln bekämpfen, er hat sich verselbständigt und ich bin in der Schmerzschleife hängengeblieben. Deshalb war mein einziges Ziel nach fünf Tagen vergeblicher Selbstmedikation, stärkere Schmerzmittel zu kriegen. Das habe ich in der Notfallklinik, in die Steffen mich wegen des Wochenendes fahren musste, auch gesagt, aber die Prüfprozeduren ließen sie sich natürlich nicht nehmen, vom Röntgen bis zum Gynäkologen ("Ja, ja, ich habe Verständnis"), und als tatsächlich nichts Konkretes festgestellt wurde, ich aber immerhin schon Krebspatientin, also ernst zu nehmen und kein Junkie war, haben sie sich quälend langsam hochgearbeitet bis zum Morphium, das mir zwar endlich die Schmerzen nahm, aber leider auch meinen Verstand für eine Weile.
Es ist zwar anfangs nicht so leicht zu dosieren, dieses Morphium, besonders die Morphiumpflaster, die sie dummerweise statt Tabletten, oder noch besser, Infusion verwendet haben, aber angeblich kann man mit Morphium sogar recht normal, auch geistig normal, leben, zum Beispiel mit Krebs im Endstadium. (Bin dann mal gespannt.)
Was ich aber wirklich gelernt habe bei diesem Krankenhausaufenthalt, ist: Ehrlichkeit nützt manchmal gar nichts. In diesem Fall wollte ich den Ärzten und mir nämlich einfach was ersparen, denn meine Intuition war so stark, dass es nichts Organisches ist, und man weiß ja: Ärzte und Patienten haben Schwierigkeiten mit der Diagnose „Sie haben nix“, wie wenn das eine Beleidigung wäre. Deshalb hatte ich gleich signalisiert: für mich ist es keine Beleidigung, sondern sogar am wahrscheinlichsten, ich will nur den Schmerz bekämpfen, und das jetzt bitte schnell, bin so erschöpft davon.
(Am Rande: Steffen wurde beim Lesen dieser Krankenhausgeschichte richtig wütend, als ihm einfiel, was da alles noch nebenbei lief, was ich gar nicht mehr weiß, auf jeden Fall viele Fehler und Unprofessionalität auf meine Kosten oder sonstige unglücklichen Zufälle.
Zum Beispiel dass ich erst mal drei Stunden lang aschfahl und mehr tot als lebendig neben der Rezeption im Gang gelegen habe, bis jemand sich meiner annahm, und wie der Schmerztherapeut am Wochenende nicht da war, und der Anästhesist irgendwie auch erst mal nicht, und irgendein Bericht oder irgendwelche Bilder fehlten, die Steffen noch ganz schnell besorgen musste, denn sonst könnte es nicht wirklich weitergehen, und die dann erst mal zwei Tage in irgendeinem Büro herumlagen, wie sich später rausstellte. Et cetera, et cetera.
Und dass das stufenweise Hocharbeiten und sonstige Verzögerungen so viel Zeit gekostet haben, dass ich, die ich am Samstag eingeliefert wurde aus dem einzigen Grund, jetzt endlich schnelle Hilfe zu kriegen und die ich praktisch Sekunden zählte, bis die Hilfe eintritt - dass dieses Häufchen Elend, also ich, am Dienstag zum ersten Mal schmerzfrei anzutreffen war. Dann allerdings nicht wirklich als Mensch, sondern als ein unansprechbares Etwas, das kaum die Augenlider aufhalten konnte, die nichts Gescheites von sich gab und immer eine Nierenschale zum spontanen Reinkotzen auf der Brust positioniert haben musste.
Als ich einmal trotz allem "unterwegs" war, d.h. in meinem Dämmerzustand einer Alzheimerpatientin gleich den Gang entlangschlich, ohne zu wissen, wohin ich gehe, sah ich plötzlich schemenhaft einen Schalter vor mir und kniete mich davor nieder. Mir war nämlich wieder schlecht und ich wollte nach einer Nierenschale fragen, weil ich meine im Zimmer gelassen hatte, aber nach einem kurzen Seitenblick durch das Glas beachtete mich niemand weiter. Die Krankenschwestern unterhielten sich über was auch immer, während ich versuchte, die Worte zu formen. Es gelang mir nicht. Erst als ich eindeutige Würgegeräusche von mir gab, rannte eine Krankenschwester aus dem Kabuff raus und legte mir hastig eine Schale hin. Ich hoffe nur, dass ich das Ganze nicht hätte aufwischen müssen, falls sie nicht schnell genug gewesen wäre. Ich hätte aus Koordinations- oder Wahrnehmungsmangel wahrscheinlich die Wände abgewischt statt den Boden.
Dieses Erlebnis hatte ich allerdings erst, als es mir schon besser ging. Bis dahin waren die Tage Samstag bis Dienstag erst mal immer gleich abgelaufen: Zwischen den Infusionen steckte jemand den Kopf durch die Tür, sah mich weinen oder apathisch daliegen, schaute mich fragend an, ich schüttelte müde den Kopf, die Tür ging zu. Nach einigen Stunden same procedure: Abhängen, neue Infusion aufhängen, Tür zu.
Am vierten Tag war der Schmerz, wie gesagt, endlich weg. Aber ich war, wie ebenfalls gesagt, auch weg. Das mit "unansprechbarer Junkie" hat sich zwar irgendwann etwas gebessert, aber es hat mir nie eingeleuchtet, warum mir tagelang alles schön langsam per Infusion eingeflößt wurde. (Ich vermute sogar, dass sie erst mal mit Placebo losgelegt haben, hätte natürlich ja eventuell wirken können, wäre ich auch dankbar gewesen, der Zweck heiligt die Mittel.) Und anschließend jedes Mal Stunden vergingen, bis eine neue Lösung ausprobiert wurde.
Aber dass mir nach dieser Rumspielerei dann das Morphin nicht ebenfalls ganz vorsichtig und langsam ins Blut getröpfelt wurde, sondern mir plötzlich ein schönes ultrastarkes Morphiumpflaster zwischen die Schulterblätter gepappt wurde - das habe ich bis heute nicht verstanden. Hätte noch gefehlt: ein Rückenklaps und „So, Mädle, ab nach Hause mit dir“, oder „Husch-husch ins Körble“, wenn ich hätte dableiben dürfen. Durfte ich ja, musste ich natürlich auch. Ich habe erst später von meinem Hausarzt gehört, dass das Pflaster erst dann eingesetzt wird, wenn die nötige Dosierung genau feststeht. Solche Pflaster werden beispielsweise statt Schmerzpumpe verwendet, die auch mit dem Körper fest verbunden wird und das Morphium quasi auf Befehl des Patienten in bestimmten Dosen reinpumpt.
Ach ja, das Endspiel kam noch zu Hause. Ich sollte zwar am nächsten Tag nach der Entlassung sowieso zum Hausarzt, aber an dem Abend zu Hause hatte ich so die Nase voll von diesem Dämmerzustand, dass ich das Morphinpflaster von Steffen abreißen ließ (hab's ihm befohlen, kam ja selber nicht dran – wie ein Hund mit Halskrause). Und keiner hat mich vor dem Entzug gewarnt, ich war naiv und dachte nicht, dass die Abhängigkeit so schnell, nach wenigen Tagen schon, entstehen kann. Man hätte das Morphium langsam ausklingen lassen müssen, aber für dieser Information würdig hatte mich niemand gehalten. Ich hatte zwar wahrscheinlich nur einen kleinen Entzug, aber der hatte es auch schon in sich. Ich konnte am Abend und in der Nacht weder sitzen noch liegen, weder stehen noch laufen, und machte doch alles gleichzeitig, ein echter Junkie. Am nächsten Tag war alles vorbei, und ich weiß immer noch nicht, was ein richtiger Entzug wäre, wenn die Dosis stärker oder länger anhaltend gewesen wäre. Ich will es auch gar nicht wissen.

P.S. Inzwischen bin ich gut Freund mit dem Morphium, habe es phasenweise gegessen wie Brot, als ich zweimal besonders schlimme Operationsschmerzen hatte. Entzugserscheinungen bemerke ich gar nicht, wenn ich es schön ausklingen lasse und nicht prompt absetze wie damals. Zum Glück habe ich es seit Monaten nicht mehr gebraucht. Ich werde es irgendwann aber wieder brauchen, und habe keine Angst mehr davor. Muss nur darauf achten, auch genug zu nehmen, und Retard ist in bestimmten Fällen besser, weil ich einmal erlebte, dass selbst Morphium nicht half. Das machte mir Angst, weil ich mich darauf verlassen hatte, dass es im schlimmsten Fall immer noch Morphium gibt. Aber ich hatte es zu absoluten Schmerzspitzen genommen. Das war zu spät, der Schmerz verselbständigte sich schon wieder. Nun weiß ich besser damit umzugehen. Hoffentlich auch an meinem Lebensende.


Presse

Ja, über mich ist tatsächlich schon berichtet worden.

Hier ist der Link zur "Kleinen Zeitung" (26.12.2010), die, wie ich irgendwann erfuhr, eine Art britisches Understatement betreibt und die zweitgrößte Zeitung Österreichs ist - nach der Kronenzeitung, dem österreichischen Pendant zur Bildzeitung.

Äh, da habe ich, wie ich gerade feststellen muss, leider nur einen schlechten Scan. Habe Dieter Hubmann, den Autor, angeschrieben, ob er mir eine pdf-Datei schicken kann. Online ist es leider nicht.


Hier ist der Link zu dem Artikel von Michael Ohnewald in der Stuttgarter Zeitung.


http://www.stuttgarter-zeitung.de/stz/page/2778253_0_9223_-portrait-ueber-allem-ein-vielleicht.html


Interview mit Jörg Engelsing - Berliner Zeitschrift "Sein" 04/11

http://www.sein.de/archiv/2011/april-2011/nichts-mehr-zu-verlieren.html



Artikel von Nadja Otterbach in Bietigheimer Zeitung 13.04.2011

http://www.bietigheimerzeitung.de/bz1/news/stadt_kreis_artikel.php?artikel=5598603


Mittagsmagazin im ZDF, ca.10-minütiges Gespräch mit Susanne Conrad.

http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1243130/Irja+Kass%3A+Tot+auf+Probe#/beitrag/video/1243130/Irja-Kass-Tot-auf-Probe


Eine halbstündige Talkshow mit den Schülern der Robert-Blum-Oberschule Berlin
03.04.11 um 15.20 Uhr und
17.04.11 um 15 Uhr im Alex-Berlin im Berliner Kabel und später irgendwann als life-stream auf www.alex-berlin.de/tv
Zu sehen ist dort die Probe (moderiert von Tabitha und Daniel), die angeblich so gut gelang, dass es zu einer "Echt-Aufnahme" gar nicht mehr kam. Na dann - hoffen wir das beste ... Kann mich gar nicht recht erinnern, was ich da in der "Probe" alles erzählte.

Mein aktueller Gesundheitszustand Februar 2011

Vor einer Woche habe ich mich verabschiedet mit der Aussage "Brauche morgen womöglich eine Bluttransfusion". Das kundzutun war ein Fehler und ich habe deshalb Schuldgefühle, zumal ich an der Bluttransfusion doch gerade so vorbeigeschrammt bin. Die Thrombozyten alias rote Blutkörperchen haben sich hochgerappelt bis fast an die Grenze des Minimumwerts, aber immerhin auf das Doppelte des Werts, bei der mein Arzt mir eine Transfusion verordnet hätte. Zwar sind sie am Donnerstag überraschend wieder abgesunken, ich hätte wahrscheinlich wieder täglich, inkl. Wochenende, zur Blutkontrolle gemusst, für alle Fälle gleich mit dem gepackten Krankenhausköfferchen, bin aber stattdessen mit Steffen nach Berlin gefahren. (So kennt man mich - ohne Füße nach Thailand fliegen und ohne Blut, das diesen Namen verdienen würde, nach Berlin fahren.) Was ich dort gemacht habe, erzähle ich vielleicht mal später, muss es erst mal sacken lassen.

Mir ist aber bewusst geworden, dass ich nun ein wenig Verantwortung trage, weil mich immer mehr Menschen beobachten und - Tatsache - wissen wollen, wie es mir geht. Zum Teil besuchen meinen Blog Menschen aus Ländern, in denen ich gar niemanden kenne. Das überrascht mich sehr. Vor nicht allzu langer Zeit dachte ich noch, ich schriebe für einige treue Freunde, für die eine Rundmail zu blöd wäre, und eventuell noch für irgendeinen Nerd aus der periferen Prärie Deutschlands ("perifer" habe ich nur hinzugefügt, weil es phonetisch so schön dazu passt - der Nerd könnte natürlich durchaus auch aus der zentralen Prärie stammen), der neben seiner Computerleidenschaft aus irgendeinem Grund leidenschaftlich gerne Geschichten von todkranken Wildfremden liest.

Allerdings war das letzte, was ich mit diesem Blog wollte, mir damit einen Klotz ans Bein binden, auf irgendeine Art Verantwortung habe ich momentan nämlich überhaupt gar keine Lust, ich wähnte mich frei zu schreiben, wenn ich Lust habe und zu schweigen, wenn ich wiederum dazu Lust habe. Nachdem so viele nachgefragt haben, wie es mir denn nun geht nach der Bluttransfusion, fühle ich mich aber mies. Hatte ja erstens keine, und war zweitens nach jenem Posting tagelang so schwach, dass ich nicht mal meinen Arm heben konnte, wenn ich mal etwas übertreiben darf (allerdings nicht viel), da war nix mit Schreiben. Und danach war ich ja in Berlin.

Genug entschuldigt. Zur "Strafe" versuche ich heute mehrere Postings zu schreiben, habe den ganzen Tag und Abend über immer wieder geschlafen und bin fit wie ein junges Rehlein. Mir geht es also wieder gut. Das heutige Ergebnis der Blutanalyse kenne ich nicht, aber wenn es schlecht gewesen wäre, hätte mein Arzt mich angerufen. Letzte Woche waren von 20 Werten 10 jenseits von Gut und Böse, aber es gab auch schon Zettel mit den Blutergebnissen, auf denen ich nach den Werten, hinter denen nicht ein -, --, + oder ++ stand, also "zu wenig", "viel zu wenig" oder "zu viel" oder "viel zu viel", regelrecht suchen musste.

Vor ein paar Jahren zum Beispiel kam das Ergebnis mal zu spät in der Praxis an. Ich saß zuhause und fühlte mich nicht mal richtig schlecht, überlegte gar, auf eine größere WM-Party von einem Freund zu fahren, verwarf den Gedanken dann aber aus Schlappheitsgründen doch noch. Da bekam ich einen Anruf aus der Praxis, wie es mir ginge, und man war hörbar erleichtert, als ich sagte: "Mir gehts gut". Ich hatte nämlich so gut wie gar keine Leukozyten im Körper, demnach auch so gut wie gar kein Immunsystem mehr, jede schnupfende Nase aus der Gesellschaft hätte mir fatal werden können. Krebskranke bzw. Chemopatienten sind ja ein wenig wie AIDS-Kranke, mit dem Unterschied, dass sie nicht ansteckend sind: Jede Infektion ist zu vermeiden, und eine Erkältung kann leicht zur Lungenentzündung und als Folge dessen zum Tod führen.

So komme ich aber nie zu mehr als einem Posting, und ich wollte ja heute fleißig sein. Die Strafe, mehr zu schreiben, ist aber durchaus nennenswert, weil mein rechter Daumen dermaßen dick und rot vor Entzündung ist (das ist er mit Pausen seit einem halben Jahr immer wieder, das machen die Chemos), so dass es mühsam ist, zu schreiben, jeder Tastenschlag tut weh. Die anderen Finger sind zum Teil auch wund, weil ich immer so fiese Längsrisse in den Nägeln bekomme, meine Fingernägel sehen aus, als würde ich pausenlos an ihnen herumkauen, und die Fingerkuppen sind auch mit kleinen Wunden übersäet, die nach nix aussehen, aber ziemlich wehtun. Alles Chemo, da kann ich ölen und schmieren wie viel ich will.

Also mache ich mich jetzt an die Arbeit und schaue, was ich zustande bringe.

P.S. Ich habe meinen Arzt letztens gefragt, wie viele Metastasen ich eigentlich im Moment in der Leber habe. Es sind neun. Und vermutlich ebenso viele, die man noch nicht im Ultraschall sieht, sondern die nur in der Computertomographie sichtbar wären. Seit ein paar Wochen haben wir allerdings einen Stillstand erreicht, was als großer Erfolg zu verbuchen ist. Die Referenzmetastase ist nämlich immer noch 4 cm groß. Das ist die, die direkt an der Gallenblase sitzt und immer gut erkennbar ist (deshalb Referenz, sie empfiehlt sich sozusagen), weil sie sich gegen das Zwerchfell (oder was ist direkt darüber nochmal?) wölbt. Das ist auch die einzige Metastase, die ich ab und zu spüre. Schmerzen tut sie nicht.

Leider wurde diese Chemo nun erst mal abgesetzt, weil sie zu gefährlich ist (Thrombozyten) und mich auch sonst zu sehr niederstreckt. Ich hoffe aber, sie in ein paar Wochen oder so wieder zu bekommen, sie hat die Tumormarker um über 20% runtergefahren, nach nur ein paar Wochen. So ist es immer bei mir - der Chemoerfolg, falls es einen gibt, zeigt sich schnell, der Niedergang allerdings noch schneller. Wenn es wieder losgeht, d.h. wenn ich gegen irgendeine Chemo schon wieder resistent geworden bin und ein Ersatz nicht wirkt, verdoppeln sich die Tumormarker immer alle 4-5 Wochen.

Aber so komme ich wirklich zu nichts, wenn ich dieses Posting immer länger werden lasse. Ich fange mal ein neues an, der Quantität wegen.